Wie wird das Cannabis von Bedrocan bestrahlt?
Alle in den Niederlanden hergestellten Cannabisprodukte von Bedrocan werden von einem externen Unternehmen mit Gammastrahlung behandelt. Dies wurde von der niederländischen Regierung in Auftrag gegeben. Wir haben bereits darüber geschrieben, dass die Gammabestrahlung die Zusammensetzung des medizinischen Cannabis nicht verändert und dass die Bestrahlung notwendig ist, um ein steriles Produkt für die Verwendung durch Patienten zu gewährleisten. Nun gewähren wir zum ersten Mal einen Einblick in die Funktionsweise dieses Bestrahlungsverfahrens.
Gammastrahlung, so genannte ionisierende Strahlung, ist die gleiche Art von Strahlung, die auch beim Röntgen verwendet wird. Gammastrahlen töten Mikroorganismen, einschließlich Pilzen, Viren und Bakterien. Die von Kobalt-60-Isotopen erzeugte Gammastrahlung ist auch für Menschen sehr schädlich. Aus diesem Grund muss ein Bestrahlungsunternehmen über einen speziellen Raum verfügen, eine Art Bunker mit 2,5 bis 3 Meter dicken Betonwänden, in dem die Produkte bestrahlt werden. Mitarbeiter und Besucher dürfen diesen Raum nicht betreten.
In den Niederlanden werden vor allem medizinische Ausrüstung und Krankenhausgeräte mit Gammastrahlung bestrahlt, z. B. Herzklappen, Babyflaschen, Knieprothesen und Verhütungsimplantate. Seit zwanzig Jahren wird auch medizinisches Cannabis, das Bedrocan in den Niederlanden im Auftrag des „Bureau voor Medicinale Cannabis“ (BMC) produziert, bestrahlt. Die Sterilisierung, wie dieses Verfahren auch genannt wird, findet 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche statt und läuft vollautomatisch ab. Alle Arten von medizinischen Produkten werden in einem Behälter über ein Förderband in den Bunker transportiert. Cannabis wird etwa 1 bis 1,5 Stunden lang in dem Bunker behandelt.
Außer medizinischer Ausrüstung und medizinischem Cannabis werden in einigen Ländern auch Lebensmittel bestrahlt. Das geschieht, um Mikroorganismen in Lebensmitteln zu reduzieren und die Haltbarkeit zu verlängern. Die EU registriert, welche Lebensmittel in der Europäischen Union jährlich bestrahlt werden. Laut Zahlen von 2019 sind die drei am häufigsten bestrahlten Produkte Froschschenkel (65,1 %), Geflügel (20,6 %) und getrocknete aromatische Kräuter, Gewürze und Gemüsewürzmittel (14,0 %). In der EU unterliegt die Bestrahlung von Lebensmitteln erheblichen Einschränkungen und die Behandlung darf keinesfalls gute hygienische Bedingungen ersetzen. Bestrahlte Lebensmittel oder Zutaten müssen als solche gekennzeichnet werden.
In Amerika und Asien ist die Bestrahlung von Lebensmitteln weiter verbreitet. Betroffen sind vor allem um Fleisch und Obst. Nach Angaben der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) beeinträchtigt die Bestrahlung weder die Nährstoffqualität noch verändert sie den Geschmack, die Textur oder das Aussehen von Lebensmitteln.
Nukleares Cannabis
Dennoch sind Patienten besorgt. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass nicht klar ist, wie Cannabis bestrahlt wird. Während die meisten europäischen Länder klare Vorschriften haben, gelten für amerikanische Cannabiserzeuger beispielsweise unklare Regeln. Laut einem Artikel von MJBiz Daily kann Cannabis, das die Kontaminationsprüfung nicht bestanden hat, nachträglich noch bestrahlt werden, damit es trotzdem noch verkauft werden kann. “In der Regel liegt es an der mikrobiellen Belastung beim Wachstum der Pflanzen aufgrund mangelnder Hygiene in der Anbau- und Verarbeitungsphase, wenn die Erzeuger das Cannabis bestrahlen müssen.”
Die amerikanische Wortwahl “to nuke” suggeriert, dass die Bestrahlung mit nuklearer Kontamination oder radioaktiven Risiken verbunden ist. Aber ist dem wirklich so? Wird dabei Kernenergie freigesetzt? Die Antwort ist eindeutig: Gammabestrahlung hat nichts mit radioaktiver Kontamination zu tun. Manche Menschen verbinden mit dem Wort “Strahlung” negative Assoziationen, aber das Verfahren der Gammabestrahlung ist völlig sicher. Das Verfahren tötet Mikroorganismen ab und reinigt die Produkte. Die auf diese Weise sterilisierten Produkte sind nach der Behandlung völlig frei von Strahlung. Tatsächlich sind diese Produkte nach dem Bestrahlungsprozess sicherer und auch länger haltbar.
Warum wird bestrahlt?
Cannabis ist ein Naturprodukt und kann als solches nicht zu 100 % frei von Mikroorganismen sein, selbst wenn es in einer streng kontrollierten Umgebung angebaut wird. Nicht bestrahltes Cannabis kann Spuren von Mikroben oder Pilzsporen enthalten. Diese können gesundheitsschädlich sein. So können beispielsweise einige Aspergillus-Pilze, die überall in unserer Umgebung vorkommen, schwere Krankheiten verursachen. Patienten mit geschwächten Abwehrkräften sind besonders anfällig. Daher verlangen Regierungen, die medizinisches Cannabis zur Verfügung stellen, eine Art der Sterilisierung.
Die blaue Glut von Kobalt
Kobalt ist ein wichtiger Bestandteil von Batterien, z. B. in Smartphones. Abgebaut wird das Mineral hauptsächlich in afrikanischen Kobaltminen. Nur an wenigen Orten der Welt wird Kobalt in Kobalt-60 umgewandelt, das ist das Isotop, das letztendlich Gammastrahlen erzeugt. Der größte Reaktor befindet sich in Kanada. Kobalt-60 wird als Granulat in langen Metallstäben geliefert. Ein Bestrahlungsunternehmen hat Hunderte solcher Stäbe im Einsatz. Wenn die Bestrahlungsanlage außer Betrieb ist, werden diese Stäbe unter Wasser gelagert und erzeugen dann die bekannte kobaltblaue Farbe. Wasser blockiert die Strahlung genauso gut wie die dicken Mauern des Bunkers. Der Bunker ist wie ein Labyrinth aufgebaut, damit die Strahlung nicht entweichen kann.